Inkontinenz
Es pressiert… „Wo ist hier die nächste Toilette?“
Viele Männer im Alter über 50 Jahren haben das schon einmal erlebt. Der Druck auf die Blase wird immer größer und „ Mann“ sucht händeringend nach einer Toilette. Es „pressiert“ und je mehr wir an unsere Blase denken, desto größer wird die Not. Wie gut haben es doch die Hunde, die völlig ungeniert einen Baum, eine Wiese oder eine Hauswand ansteuern können, um ihr „Bächlein“ zu machen. Wir trauen uns nicht, unser Sittenkodex ist streng. Außerdem ist es verboten und wird mit Geldbußen bestraft. Im alten Rom war es einfacher. Der Kaiser Vespasian (69-79 nach Chr.) brauchte wie alle Kaiser viel Geld, um seine Politik zu finanzieren. Zu jener Zeit wurde in Rom (und genauso in anderen Städten) der Urin in öffentlichen Toiletten gesammelt und den Gerbern zur Lederverarbeitung zur Verfügung gestellt.
So erfand Vespasian eine Urinsteuer, die jeder bezahlen musste, der eine dieser Toiletten aufsuchen wollte. Und das waren in einer großen Stadt wie Rom nicht wenige. Sein Sohn und Nachfolger Titus (79-81 nach Chr.) rümpfte daraufhin die Nase und meinte, diese Steuer „stinke zum Himmel“. Als das erste Steuergeld eintraf, hielt ihm Vespasian die Münzen vor die Nase und fragte: „Olet?“ (stinkt es?). Und Titus antwortete: „Non olet“ (es stinkt nicht). Von daher kommt der Ausdruck: “Pecunia non olet“ (Geld stinkt nicht). So haben die alten Römer auch unsere Urin und Geldsprichwörter beeinflusst.
Natürlich interessiert diese Geschichte keinen Mann, der gerade in Not ist. Er denkt nur an den nächsten Baum oder die nächste Toilette. Und er erlebt, dass es ihm genauso geht, wie allen Männern vor ihm. Er wird älter, sein Körper verändert sich und er muss auf einmal auf Dinge achten, die ihm in jüngeren Jahren völlig fremd waren. Früher fiel es ihm leicht, nur gelegentlich auf eine Toilette zu gehen. Jetzt gerät er durch dieses Problem leicht in Bedrängnis. Das kann man sich als junger Mann gar nicht vorstellen. So wie die Haare grau werden, die Falten zunehmen, die Zähne ausfallen oder sich das Sehen verschlechtert, so verändert sich beim Mann auch die Prostata. Frauen erleben um den 50. Geburtstag herum die „Wechseljahre“, weil sich der Hormonhaushalt verändert. Auch beim Mann gibt es einen Wechsel. Das männliche Hormon, das Testosteron, wird weniger gebildet. Es entsteht ein neues Hormongleichgewicht. Denn alle Menschen, Männer und Frauen, produzieren nach der Pubertät männliche und weibliche Hormone. Männliche Hormone bewirken eine Zunahme der männlichen Eigenschaften: Bartwuchs, tiefe Stimme, Körperbehaarung u. a. Die weiblichen Hormone führen zum Brustwachstum, geringerer Körpergröße und höherer Stimme. Beim Mann überwiegen die männlichen Hormone, bei der Frau die weiblichen. So kommen die unterschiedlichen Geschlechtsmerkmale zustande.
Ungefähr um das 50. Lebensjahr ändern sich die Verhältnisse, bei der Frau ziemlich prompt, beim Mann erst ganz allmählich. Bei der Frau werden weniger weibliche Hormone produziert. Deswegen macht sich das männliche Hormon, Testosteron, plötzlich bemerkbar. Die Stimme wird oft etwas tiefer und ein spärlicher Bartwuchs wird sichtbar. Beim Mann fällt der Testosteronspiegel ab und die weiblichen Hormone, besonders die Östrogene, wirken stärker. So wachsen plötzlich die Brüste und das ursprünglich männliche, eher kantige Aussehen wird sanfter, manchmal sogar weiblich. Vor allem vergrößert sich jetzt die Prostata, die vorher durch Testosteron klein gehalten wurde. Die Folgen dieser Prostatavergrößerung sind erheblich. Da direkt an der Prostata der Blasenschließmuskel liegt, wird meist auch der Blasenabfluss zur Harnröhre verengt. In der Blase muss mehr Druck aufgebaut werden, damit der Urin durch die eingeengte Harnröhre abfließen kann. Dadurch wächst die Muskulatur in der Blase und das Blasenvolumen verringert sich etwas. Man spürt die gefüllte Blase eher und muss häufiger eine Toilette aufsuchen. Findet man diese nicht gleich, dann entsteht ein immer größerer Blasendruck, der durch unsere innere Anspannung noch vergrößert wird.
Das erste Symptom dieser Erkrankung, die man auch BPA= benignes Prostata-Adenom nennt, ist häufig der nächtliche Harndrang (ein Adenom ist das gutartige Wachstum einer Drüse). Anfangs muss man nur einmal nachts aufstehen, später kann das auch zweimal oder mehrmals sein. Dadurch wird natürlich der Schlaf oft empfindlich gestört, wodurch auch das Allgemeinbefinden beeinträchtigt wird. Es handelt sich also nicht um eine Lappalie, sondern um eine auf Dauer recht unangenehme Störung. Nun stellt sich die Frage, ob wir etwas bei diesem Problem tun können. Je eher wir diese Frage stellen und je eher wir uns mit den Ursachen beschäftigen, desto besser sind unsere Chancen. Denn wir sind nicht völlig hilflos dem Alterungsprozess ausgesetzt. Altern hängt auch stark mit Fehlern zusammen, die wir in früheren Jahren zugelassen haben. Wir müssen nur diese Fehler möglichst frühzeitig erkennen und sie dann auch vermeiden.
Ein wesentlicher Fehler liegt in unserer westlichen Ernährung mit viel Milchprodukten, Fleisch, ungesunden Fetten und leicht resorbierbaren Kohlenhydraten, besonders Zucker. Wir werden relativ schnell übergewichtig und erzeugen allein schon dadurch eine Verschlechterung unserer Hormonsituation. Dicke Jugendliche oder junge Männer haben oft schon einen Busen, um den sie viele schlanke Frauen beneiden könnten (wenn es nicht so unappetitlich aussehen würde). Fettgewebe ist nach neueren Forschungen hormonaktives Gewebe und führt aus diesem Grunde auch zu Störungen des Hormonhaushalts.
Um ein Wachstum der Prostata mit Einengung der Harnröhre zu verhindern, muss man also seine Ernährung optimieren. Das haben die Japaner früher auch gemacht und hatten deswegen weniger derartige Probleme, genauso wie bei den Wechseljahrsbeschwerden der Frauen. Seit sie westliche Nahrung übernommen haben, sind auch die westlichen Zivilisationskrankheiten häufiger geworden.
Eine weitere Frage stellt sich bei den Möglichkeiten einer Behandlung. Hier haben als pflanzliche Produkte der Sägepalmen- und der Kürbisextrakt Bedeutung erlangt, gelegentlich auch Brennesseltinktur oder -pulver. Damit kann man im Frühstadium, wenn die ersten Schwierigkeiten mit dem Wasserlassen beginnen, eine recht gute Besserung erzielen. Wenn diese einfachen und preiswerten Mittel nicht ausreichen, muss man leider doch auf allopathische Mittel zurückgreifen. Diese wirken besser, haben aber gewisse, allerdings meist tolerierbare Nebenwirkungen. Deswegen werden sie von den Urologen auch häufig eingesetzt, meist ohne vorher die Wirkung der pflanzlichen Mittel geprüft zu haben. Trotzdem ist es oft angebracht, die oben genannten Pflanzenextrakte zuerst zu gebrauchen. Wächst die Prostata trotzdem weiter und lassen sich medikamentös die Beschwerden nicht ausreichend bessern, dann wird oft eine Operation erwogen, meist eine TUR = transurethrale Resektion. Dabei wird auf elektrischem Wege durch die Harnröhre (Urethra) die Prostata von innen abgehobelt, d.h. es wird in dünnen Streifen das Gewebe abgeschnitten. Die Operation gelingt fast immer, hat aber gelegentlich die Komplikation der sog. Harninkontinenz, also des unfreiwilligen Harnabgangs. Denn bei der Operation wird normalerweise einer der beiden Blasenschließmuskel verletzt und dadurch eventuell unbrauchbar. Wenn beide Schließmuskel verletzt werden und nicht wenigstens einer wieder völlig ausheilt, dann bleibt die Inkontinenz bestehen. Das ist für den betreffenden Mann sehr unangenehm, weil er dann ständig eine Windelhose tragen muss.
Wenn eine totale Entfernung der Prostata durch eine Bauchoperation erfolgt, dann ist diese Inkontinenz nicht selten und stellt ein ernsthaftes psychologisches Problem dar. Die Potenz ist dann sowieso aufgehoben und das Tragen einer Windelhose macht den Träger psychisch zu einem Greis. Deswegen sollte die totale Prostataentfernung auf absolut notwendige Krankheitsfälle beschränkt bleiben.
Als moderne Variante bietet sich heute die lokale Prostata-Hyperthermie an, womit das Gewebe von innen durch Übererwärmung verschmort wird. Die Methode ist bei leichter Betäubung schmerzlos, in zwei Tagen durchführbar und schont vor allem den Blasenschließmuskel, sodass eine Inkontinenz vermieden wird. Wenn ich persönlich operiert werden müsste, dann würde ich mich für diese Methode entscheiden.
Das Prostata-Kapitel ist damit aber noch nicht abgeschlossen. Denn es ist eigentlich allen Ärzten bekannt, dass die Leber einen großen Teil des Hormonhaushalts reguliert. Ist die Leber in Ordnung, dann ist im Allgemeinen auch der Hormonhaushalt in Ordnung. Wenn allerdings die Leber nicht mehr zu 100 Prozent arbeitet, dann kann sie diese Regulationsaufgabe nicht mehr ausreichend durchführen. Im Alter verträgt man oft weniger Fett oder Alkohol als in früheren Jahren. Das ist nicht zwangsläufig normal, sondern hängt mit einer eingeschränkten Leberfunktion zusammen. Sehr viele Menschen haben heute mit Gärung im Darm zu tun. Das ist auf unsere kohlenhydratreiche Ernährung und die völlig unzureichende Bewegung zurückzuführen. Eine Gärung im Darm ist wie eine „Mini-Brauerei“. Wir erzeugen unseren Alkohol selbst. Zwar sind das nur geringe Mengen. Aber diese Produktion läuft jeden Tag über viele Jahre. Außerdem werden neben Äthanol, dem trinkbaren Alkohol, auch die hochgiftigen Fuselalkohole erzeugt. Alle diese Alkohole müssen von der Leber jeden Tag entgiftet werden. Kein Wunder, dass sie mit der Zeit müde wird und ihre vielseitigen Aufgaben nicht mehr vollständig erledigen kann. Wir führen deshalb bei uns in Praxis und Klinik häufig Leberreinigungen durch, die dazu führen, dass alte eingedickte Gallenreste in der Leber ausgespült werden (Andreas Moritz: Die wundersame Leber-& Gallenblasenreinigung, Voxverlag).
Auf diese Weise gelingt es, die Leber nach und nach zu entlasten, sodass sie ihre eigentlichen Aufgaben besser erledigen kann. Zusätzlich müssen wir natürlich die Gärung im Darm beseitigen. Darüber wurde in dieser Zeitung schon oft berichtet. Auch mein neues Buch (Jürgen von Rosen: Naturheilkunde für Jeden, Verlag Via Nova), das im Mai des Jahres 2010 erschienen ist, geht auf dieses Problem ein. Neben der Ernährungsumstellung verwenden wir häufig ein Präparat aus Vulkangestein (z.B. Zeolith, Froximun), um damit noch verbleibende Giftstoffe im Darm zu vermindern oder vielleicht sogar zu beseitigen. Für die Leber sind diese Prozeduren und Präparate eine Wohltat, weil damit auf Dauer die gravierende Giftstoffbelastung reduziert wird. Sie kann sich erholen, arbeitet wieder besser, und unsere gesamte Lebensfreude steigt dadurch wieder an. In dem Buch des japanischen Arztes Shioya (Der Jungbrunnen des Dr. Shioya, Koha-Verlag) schildert er, wie er mit Tiefenatmung und Visualisation sein Prostataproblem beseitigt hat. Auch diese Methode funktioniert, wenn man einen tiefen Visualisationszustand erreichen kann. Mit Mühe und Ernsthaftigkeit können viele Menschen sich auch auf diese Weise gut helfen. Es hängt eben auch von unserem Einsatz für eine umfassend gesunde Lebensweise ab. Denn neben der Tiefenatmung und der Visualisation müssen natürlich auch Gärung im Darm und Leberschwäche beseitigt werden.
Es handelt sich also durchaus um ein komplexes Problem. Und nur mit ein paar Pillen oder einer Operation ist es nicht getan. Die Fehler in der Lebensweise, die Leberüberlastung und die Gärung im Darm werden dadurch nämlich nicht beseitigt. Die führt auch weiterhin zu einer Gesamtschädigung unseres Körpers und damit zu weiteren Störungen und Erkrankungen.
Die alleinige Behandlung der Prostata mit Medikamenten oder durch eine Operation verbessert nämlich nur das lokale Problem, ändert aber wenig an unserer Anfälligkeit für weitere Erkrankungen.
Zum Schluss muss ich natürlich auch noch kurz auf den Prostatakrebs eingehen, die häufigste Krebserkrankung des Mannes. Die Vergrößerung der Prostata selbst führt nicht zum Krebs. Sie ist eine gutartige Erkrankung.
Allerdings fördert unsere westliche Lebensführung mit dem übermäßigen Verbrauch von Fleisch, Milchprodukten, ungesunden Fetten sowie Bewegungsmangel die Anfälligkeit für Krebs allgemein. Die Prostata ist vermutlich deshalb so häufig betroffen, weil sie in der Nähe des Enddarms liegt, in dem sich bei den meisten Menschen relativ viel Giftstoffe befinden. Auch die zweithäufigste Krebserkrankung, der Dickdarmkrebs, entsteht meistens an dieser Stelle. So ist auch hier eine möglichst optimale Lebensführung ein wesentlicher Grund zur Vermeidung von Krebs. Wir haben Vieles selbst in der Hand. Es wird Zeit, dass alle Menschen auch die Verantwortung für ihre eigene Gesundheit übernehmen.