Dankbarkeit und Lächeln: Schlüssel zu Gesundheit und Wohlbefinden
Darüber hinaus gibt es aber noch eine zweite Ebene, die sich sehr stark auf unsere Gesundheit auswirkt. Das ist die Ebene der Gefühle. Diese Ebene wird sehr stark von der Angst und von der Unzufriedenheit bestimmt. Und damit sind wir bei zwei großen Themen unserer Zeit. Obwohl es uns wirtschaftlich noch nie so gut ging in unserer Geschichte wie in der heutigen Zeit, sind Ängste und Unzufriedenheit weit verbreitet. Laut Bericht in der „Welt“ vom 6. September 2011 soll inzwischen ca. jeder siebte Europäer an Ängsten leiden, das sind rund 14 Prozent.
Der Grund für diese überraschende Tatsache liegt m.E. in dem Mangel an Dankbarkeit. Früher waren die Menschen wesentlich mehr mit den Kirchen verbunden. Dort wurde man immer wieder darauf aufmerksam gemacht, wie dankbar wir mit unserem derzeitigen Leben sein müssen.
In der heutigen Zeit haben viele Menschen die enge Bindung an die Kirche verloren. Damit ist auch die ständige Mahnung, dankbar zu sein, aus unserem täglichen Leben verschwunden. Es fehlt uns ein fester Rahmen, in dem wir immer wieder erinnert werden, daran zu denken, wie gut es uns geht und wie schlecht es uns eigentlich gehen könnte. So lange sind die Elendszeiten nach dem letzten Krieg auch nicht her. Es gibt noch viele Menschen, die diese Jahre miterlebt haben. Und auch im Fernsehen können wir jeden Tag miterleben, wie schlecht es vielen Menschen in anderen Teilen unserer Welt geht.
Auch das Lachen ist uns abhandengekommen und damit viele Gründe zur Freude. Freude ist ein Gefühl des Glücks. Man kann es nicht kaufen, aber man kann es erwerben. Es erfordert nicht viel, nur ein bisschen Veränderung der Einstellung. Diese müssen wir allerdings selbst erbringen. Freude entsteht leicht, wenn wir dankbar sind.
Dankbarkeit hängt im Wortsinn eng mit Gedanken zusammen. Gedanken sind keine Gefühle, sondern ein geistiger Prozess. Damit sind wir wieder am Ausgangspunkt der gesamten Erörterung. Wir erhalten unsere Gesundheit als Geschenk. Wenn wir uns dessen bewusst werden, dann denken wir. Wenn wir folgerichtig denken, dann müssen wir auch dankbar sein. So einfach ist dieser ganze Zusammenhang.
Es stellt sich die Frage, warum uns sehr häufig die Dankbarkeit, besonders die tiefe Dankbarkeit fehlt. Ein altes Buch, in dem ich kürzlich las („Die Botschaft an die Menschheit“, Verlag „Der Engel des Herrn“, Cartigny/Schweiz, vermutlich vergriffen), zeigte mir die Antwort: Wir denken zu viel an unseren eigenen Vorteil, wir sind selbstsüchtig.
Unsere ganze Erziehung zielt darauf ab, selbstsüchtig zu sein. Wir nehmen zu wenig Rücksicht auf andere Menschen. Liebenswürdigkeit ist selten geworden. Und Freundlichkeit im täglichen Umgang fällt angenehm auf, weil es gar nicht so häufig ist. Dafür beherrschen Begriffe wie Mobbing, Gewinnmaximierung, Gehaltserhöhung unser Denken. Selten fühlen wir uns gerecht behandelt. Wir sehen viele Menschen, denen es anscheinend viel besser geht als uns, obwohl sie auch nicht mehr arbeiten. Besonders in den Medien werden uns ständig sog. „Promis“ vorgestellt, die viel Geld verdienen, schöne Kleider, Autos, Häuser oder Yachten besitzen und die anscheinend glücklich sind.
Dass dies fast immer nur ein oberflächlicher Schein ist, wird selten gezeigt. Oft sind die „öffentlichen“ Menschen noch unglücklicher als wir. Die Zahl der Scheidungen, der Skandale, der Selbstmorde ist hoch, vermutlich höher als im Durchschnitt der Bevölkerung. Auch bei den Krankheiten geht es dieser ausgewählten Bevölkerungsgruppe nicht besser. Dazu besteht bei vielen „Reichen“ eine untergründige Angst vor einem Verlust ihres Reichtums. Denn auch der Reichtum kann schnell schwinden und „Geld macht nicht glücklich. Aber es beruhigt“. Es ist immer angenehm, genug davon zu haben.
Reichtum wirkt sich nur dann positiv aus, wenn er mit den entsprechenden Tugenden wie Bescheidenheit, Fleiß, Ordnung, Zuverlässigkeit, Freundlichkeit, Humanität u.a. gekoppelt ist. Diese sind aber auch die geistige Grundhaltung von positiven Gefühlen wie z.B. der Dankbarkeit. Die geistige Grundhaltung und auch die positiven Gefühle haben wir oft als Kleinkinder, wenn wir entsprechend erzogen worden sind. Dann werden sie uns selbstverständlich und gehen vielleicht sogar in „Fleisch und Blut“ über. Wenn uns das passiert, dann können wir ein Leben lang glücklich und sehr dankbar sein.
Die Erziehung in der heutigen Zeit legt aber mehr Wert auf „freie Entfaltung der Persönlichkeit“ und „Selbstverwirklichung“. Dies bedeutet, dass ich mich in erster Linie mit meinen derzeitigen Ideen durchsetzen muss ohne Rücksicht auf andere Menschen. Deswegen lassen sich so viele Ehepaare scheiden ohne Rücksicht auf ihre Kinder, nur damit sie sich besser selbst verwirklichen können. Oder sie gehen gar keine feste Bindung mehr ein, damit die Trennung leichter durchgeführt werden kann. In den neuen Bundesländern lag laut Zeitungsstatistik im Jahre 2010 die Zahl der unehelich geborenen Kinder bei 55 Prozent. D.h. mehr als die Hälfte aller neugeborenen Kinder wuchs ohne eine intakte Familie auf.
Dies kann nicht gut gehen, denn die Familie ist immer noch ein unersetzlicher Ort der gegenseitigen Fürsorge, des Zusammenhalts, der Rücksichtnahme. Wenn die Familie nicht mehr existiert, dann kann auch das Zusammenleben der Menschen nicht mehr funktionieren. Jeder denkt dann besonders an sich selbst und versucht, ein möglichst „großes Stück des Kuchens“ für sich zu ergattern. Damit sind wir bei der Selbstsucht, die die Grundlage der heutigen negativen Entwicklung ist.
Also müssen wir wieder zurückkehren zu dem Gegenteil der Selbstsucht: der Hilfsbereitschaft, der Toleranz, der Freundlichkeit und der Selbstlosigkeit. Diese Form des Zusammenlebens wurde uns im ursprünglichen Christentum dargestellt. Aber wir haben uns weit davon entfernt. Und auch in den Kirchen wirkt man nicht selbstlos, sondern oft sehr selbstsüchtig. Dort finden wir nicht unbedingt die Vorbilder, an denen wir uns orientieren können. Also sollten wir uns Vorbilder suchen und zusätzlich versuchen, selbst Vorbilder zu werden.
Für mich persönlich war eine Bäuerin in Gersfeld ein derartiges Vorbild. Sie wurde 100 Jahre alt und ich habe sie die letzten 30 Lebensjahre betreut. In diesen 30 Jahren habe ich nie von ihr ein negatives Wort gehört, weder über das Wetter, noch die Nachbarn, die Preise oder die Politik. Immer war sie freundlich und gut gelaunt und hatte ständig ein Lächeln im Gesicht.
Dabei musste sie bis ins höchste Alter schwer arbeiten. Denn sie wohnte allein auf ihrem Hof und hatte sieben Kühe sowie sieben Stück Jungvieh zu betreuen. Sie musste jeden Morgen um fünf Uhr aufstehen, um die Kühe zu melken und die Milch rechtzeitig an die Straße zum Abholen zu bringen. Trotzdem war sie immer zufrieden und hat sich nie über ihr Leben beklagt. Sie war im Herzen ein dankbarer Mensch.
Wenn wir uns diese Dankbarkeit erwerben, dann sind wir auf dem richtigen Wege. Vielleicht sollten wir uns einen Zettel ins Bad an den Spiegel kleben, auf dem z.B. folgender Satz steht: „Ein Lächeln kostet nichts. Aber es wird gern angenommen und man erhält es meistens zurück.“ Ein Lächeln ist ein Zeichen der inneren Ruhe, Ausgeglichenheit und Zufriedenheit. Wenn es uns schwer fällt, dann sollten wir es üben und möglichst oft anwenden, im Fahrstuhl, im Büro, aber natürlich auch zu Hause in der Familie. Denn dort ist es am Wichtigsten.
Wenn wir innerlich frei lächeln können, dann entwickeln wir auch ein Gefühl der Dankbarkeit für all das Schöne, das wir erleben dürfen. Wir werden den Stress, die Unzufriedenheit, die Ängste unserer Mitmenschen besser aushalten können und wir werden zu einem ruhigen Pol in unserer so hektischen Zeit. Und das nur durch ein bisschen Lächeln.
Sehr gut hat sich auch die Tiefenatmung mit Autosuggestion nach Shioya bewährt (s. Noboku Shioya: Der Jungbrunnen des Dr. Shioya). Dort wird geschildert, wie man mit einfachen Mitteln und wenig Zeit Einfluss auf unser vegetatives System, unser „Bauchhirn“ nehmen kann.
Wir haben so Vieles selbst in der Hand. Wir merken es nur nicht und wir wollen es oft auch nicht wissen, weil wir dann die Verantwortung selbst übernehmen müssen. Denn bisher schieben wir negative Entwicklungen in unserem Leben meist auf Umstände, die wir nicht ändern können. Wir haben vergessen, dass wir unser Schicksal im Allgemeinen selbst bestimmen. So vergeben wir unsere Chancen auf innere Zufriedenheit und können uns nicht erklären, warum so viel Negatives in unserem Leben passiert.
Jedes negative Gefühl (Angst, Neid, Unzufriedenheit, Hass, Eifersucht und alle anderen) wirkt auf unser vegetatives Nervensystem und erzeugt dort Spannungen. Vieles spürt man auch im Bauch, weil dort das Zentrum unseres vegetativen Nervensystems sitzt, das weitgehend für unsere Gefühle zuständig ist. Spannungen im Bauch führen zu Nervenreizungen, die sich auf alle Organe auswirken und dort mit der Zeit zu Störungen führen. So entstehen aufgrund unserer negativen Gefühle allmählich Krankheiten, die wir uns meist selbst ganz anders erklären. Und auch die Ärzte können uns selten über die wahren Zusammenhänge aufklären, weil sie es ebenfalls selbst nicht wissen. Sie behandeln meist nur das am stärksten betroffene Organ und verstehen nicht, das der Mensch eine Ganzheit aus Geist, Seele und Körper ist, der auch als Ganzes behandelt werden muss. Diese Fixierung auf ein Organ ist eine Krankheit unserer Zeit. Sie wird aber auch von den Patienten häufig gewünscht. Denn dann brauchen sie nichts an ihrem Wesen und an ihren Gefühlen zu ändern. Das ist auch der Grund, warum wir so viele Fachärzte haben. Und trotzdem gibt es kaum noch gesunde Menschen.
Wer gesund sein und bleiben will, muss selbst die Initiative ergreifen und darf sich nicht zu sehr auf andere verlassen. Das Lächeln und die Dankbarkeit sind deswegen ein erster wichtiger Schritt zur körperlichen, seelischen und geistigen Gesundheit.
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